Seit Jahren gibt es insbesondere im Ruhrgebiet eine steigende Zahl an Menschen ohne festen Wohnsitz. Neu ist die Sichtbarkeit. „Wir bemerken in den vergangenen 12 Monaten eine sichtbare Obdachlosigkeit, die wir so vorher nicht kannten“, so Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert. Die Stadtverwaltung nimmt diese Entwicklung sehr ernst. “Wir gehen das Thema strategisch an, möglich ist eine Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Die Stadtverwaltung möchte, aber jetzt schon erklären, was das für Menschen sind, welche Angebote es bereits gibt und wo die Grenzen sind.”
„In der Wahrnehmung ist es sehr deutlich und beschäftigt auch die Kommunalpolitik“, sagt Sozialausschussvorsitzender Matthias Buschfeld. Im Stadtbild von Bottrop sind aktuell etwa sieben bis acht obdachlose Personen sichtbar. „Wir kennen jeden und haben zu ihnen Kontakt“, versichert Carina Dill von der Evangelischen Sozialberatung (ESB). Die ESB ist eine wichtige Anlaufstelle für Obdachlose in Bottrop. „Wir bieten in erster Linie Menschen eine postalische Erreichbarkeit“, so Oliver Balgar von der ESB. So gehen täglich Briefe von Personen ohne Wohnung bei der ESB ein. In Bottrop sind es aktuell ca. 250-300 Menschen, die ihre postalische Erreichbarkeit bei der ESB haben. Zudem bietet das Team Beratung und persönliche Hilfe für Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Nicht erst seit Beginn der kälteren Jahreszeit kümmern sich das Sozialamt und die Evangelische Sozialberatung (ESB) um sie. Viele nutzen die Hilfsangebote der Stadt, verbringen die Nacht in der Notunterkunft am Borsigweg. Andere kommen als sogenannte Sofahopper bei Bekannten unter. Einige Menschen schlafen aber auch auf der Straße. „Es muss jedoch niemand draußen schlafen. Das ist Fakt!“, sagt Sozialamtsleiter Sascha Borowiak. Rund 80 Plätze gibt es zum Beispiel in der Notunterkunft der Stadt. Diese können bei Bedarf aufgestockt werden und dazu ist die Stadt verpflichtet. „Aber es gibt Menschen, die können oder möchten unsere Angebote nicht wahrnehmen“, führt Borowiak weiter aus. Solange die Menschen nicht fremd- oder selbstgefährdend sind, können wir nicht eingreifen, erklärt Karen Alexius-Eifert. Oft spielen Sucht und psychische Erkrankungen eine große Rolle. „Wir reden hier von Personen, die oft früher ganz tolle Jobs hatten und durch Schicksalsschläge und Ablehnung in diese Situation geraten sind“, erklärt Sozialarbeiter Timo Tolksberg.
Sozialausschussvorsitzender Matthias Buschfeld hebt das hohe Engagement aller Beteiligten hervor. „In Bottrop ist das ein Hand in Hand arbeiten. Es sind kurze Wege, das ist in anderen Städten nicht so.“ Es finden regelmäßig Abstimmungen mit dem Sozialamt, dem ESB, der Polizei und auch dem Jobcenter statt. Auch die Offenheit der Bürgerinnen und Bürger ist in Bottrop stark ausgeprägt. „Was mich immer wieder positiv stimmt ist, wie offen und positiv die Bürgerinnen und Bürger den Menschen gegenüber sind. Es gibt viele, die nachfragen, weil sie sich Sorgen machen“, berichtet Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert und erklärt, dass die Evangelische Sozialberatung auch für Bürgerinnen und Bürger, die helfen möchten, die erste Anlaufstelle ist. Carina Dill von der Evangelischen Sozialberatung ergänzt: „Wenn die Gefahr besteht, dass ein Mensch um Leib und Seele kämpft, immer den Notruf wählen.“ Die ESB wird vom Land finaziell unterstützt, aber die Mittel sind beschränkt. Sachspenden wie zum Beispiel warme Winterbekleidung oder funktionstüchtige, alte Handys werden immer benötigt. „Zuvor wäre ein Anruf gut, dann können wir sagen, was konkret benötigt wird“, rät Oliver Balgar.
(c) Text: Stadt Bottrop, Foto: Stadt Bottrop, Symbolbild: Pixabay