Um Mord und Totschlag, um königlich befohlenen Massenmord und schließlich um den wohl folgenschwersten Mordprozess der Menschheitsgeschichte – darum drehte sich am Samstag, 25. Januar, eine Lesung in der Herz-Jesu-Kirche. Eingeladen hatte der Förderverein, der für den Abend den Schauspieler Michel Kamp hatte gewinnen können. Kamp las aus dem Buch „Am Anfang war der Mord. Die spannendsten Kriminalgeschichten der Bibel“ von Bertram Salzmann, das einen ungewohnten Blick auf biblische Texte zu versprechen schien.
Kamp könnte einigen Bottropern bereits durch die Lesung des Johannes-Evangeliums in St. Ludgerus bekannt gewesen sein. Mit vier Kolleginnen und Kollegen hatte er dort vor zweieinhalb Jahren das gesamte Evangelium vorgetragen. Von diesem Erlebnis hatte sich auch der Förderverein anregen lassen, erklärte sein Vorsitzender Christian Dupke. Eine Lesung dieser Art wollten die Mitglieder auch in die Herz-Jesu-Kirche bringen.
Nicht ein Evangelium, dafür aber die Bibel mit ihren kriminellen Geschichten wurde es schließlich. Die Ankündigung schien viele Menschen neugierig gemacht zu haben. Fast 90 Zuhörerinnen und Zuhörer ließen sich den Abend an der Prosperstraße nicht entgehen. Die Gäste saßen dort nicht in den Kirchenbänken, sondern auf Stühlen im Altarraum. Auf diese Weise konnten sie in unmittelbarer Nähe zum Vorleser der etwa einstündigen Lesung lauschen. Sie hörten unter anderen die Geschichten von Kain und Abel, von Adam und Eva, von Susanna im Bade und zu guter Letzt die Geschichte vom „Fall Jesus“, von seiner Verurteilung, die eine der bekanntesten Kriminalgeschichten überhaupt sein dürfte.
Die vier Evangelien könnten wie eine lange Einleitung zu dieser Geschichte gesehen werden, las Michael Kamp, der ein wahrer Gewinn für den Abend war. Mit seiner geschulten Stimme und seinem akzentuierten Vortrag schaffte er es, den Personen der biblischen Geschichten ein Gesicht zu geben und den Zuhörer ganz in die Geschichte mithineinzunehmen. Eindrucksvoll waren die Momente, in denen er bei der Verurteilung Jesu das Volk laut „kreuzigen“ schrien ließ, was durch das gesamte Gotteshaus schallte, ebenso die Worte Jesu „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“.
Die Brutalität der Verurteilung und ihrer Folgen wurde dadurch noch einmal besonders deutlich, aber auch die Verzweiflung Jesu, der das damit verbundene Leid durchstehen musste.
Mit dieser, vermutlich von den meisten Zuhörern als Höhepunkt empfundenen Geschichte endete die Lesung, für die Michael Kamp viel Beifall erntete. Christian Dupke fasste es passend zusammen: „Es sind Texte, die alle kennen und schon oft gehört haben. Aber so? Wahnsinn!“ Das war auch die Meinung vieler anderer Zuhörer, die durch den Vortrag Kamps die Geschichten noch einmal neu wahrgenommen hatten. Darüber austauschen konnten sie sich bei der anschließenden Begegnung im Eingangsbereich der Kirche, wo der Abend bei Snacks und Getränken ausklang.