Bepflanzung ist ein Baustein der Klimaanpassungsstrategie. NRW-Umweltministerium und Emschergenossenschaft fördern die grüne Wand
Sie sieht schön aus und wirkt außerdem wie eine natürliche Klimaanlage: Die neue Fassadenbegrünung am Hauptbahnhof-Parkhaus. Es ist eine von vielen Maßnahmen der Stadt, um sich gegen die Folgen des Klimawandels wie Hitzebelastung, Trockenheit oder Starkregen zu wappnen. Land und Emschergenossenschaft haben die Bepflanzung der Wand mit rund 150.000 Euro gefördert.
Wo vorher eine graue Betonwand war, schmückt seit Kurzem ein grüner Pflanzenteppich die Südfassade des Parkhauses am Hauptbahnhof in Bottrop. Das Grün ist aber nicht nur ein ästhetischer Blickfang, es hat auch einen ganz konkreten Nutzen für das Mikroklima vor Ort: Die vertikale Vegetation sorgt über die Verdunstung ihrer Blätter für eine Kühlung der Umgebung und bindet Feinstaub.
Städte brauchen mehr Grün, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Denn Wetterextreme mit Starkregen-Ereignissen, Dürrephasen und Hitzesommern nehmen auch in unseren Breitengraden zu. Schon heute sind die Jahresdurchschnittstemperaturen in Nordrhein-Westfalen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen um 1,6 Grad gestiegen. Wo viel Asphalt und Beton ist, wird es richtig heiß, weil die versiegelten Flächen die Hitze des Tages speichern. Im Hochsommer heizen sich Innenstädte schon jetzt um bis zu zehn Grad mehr auf als weniger dicht bebaute Quartiere. Das Parkhaus am Hauptbahnhof in Bottrop steht laut aktueller Klimaanalyse in einem solcherart belasteten Raum mit ungünstigen bioklimatischen Verhältnissen (hoher Versiegelungsgrad, geringer Grünflächenanteil, Lärm- und Staub). Eine Fassadenbegrünung wie die an der Stirnseite zum Bahnhofseingang hin mildert diese Belastungen.
Wichtiger Baustein für die Lebensqualität
„Zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit gehört die Entwicklung städtischer Quartiere mit Blick auf die Anforderungen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung“, sagte der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler bei der Vorstellung der „Living Wall“, der „Lebenden Wand“, wie diese Art der Fassadenbegrünung genannt wird. „Maßnahmen wie diese sind ein kleiner, aber wichtiger Baustein, um die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt zu sichern.“
Konzept der Schwammstadt
Die Städte im Ruhrgebiet müssen klimarobust umgebaut werden – mit dem städtebaulichen Konzept der Schwammstadt. „Durch verschiedene Maßnahmen wie zum Bespiel Dach- und Fassadenbegrünungen oder Flächenentsiegelung müssen wir dafür sorgen, dass Regenwasser lokal aufgenommen und gespeichert wird, um vor Ort positiv fürs Mikroklima zu wirken“, erläuterte Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband, beim Pressetermin. „Je mehr Speicherkapazitäten und Ablaufflächen es für Niederschlag gibt, desto geringer ist auch das Gefährdungspotenzial von Starkregen. Je mehr Grün und damit Verdunstungsflächen es gibt, desto besser funktionieren Kühlung und Frischluftzufuhr“, so Uli Paetzel weiter.
Finanziert wurde die Fassadenbegrünung aus dem Fördertopf des Ruhrkonferenz-Projektes „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ des Landes Nordrhein-Westfalen und von der Emschergenossenschaft (rund 150.000 Euro Gesamtkosten, rund 80 Prozent hat das Land übernommen). Der Wasserverband und die Städte (darunter auch Bottrop) setzen unter dem Dach der Zukunftsinitiative Klima.Werk, einem städteübergreifenden Netzwerk von Städten und Emschergenossenschaft, das Projekt zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels des NRW-Umweltministeriums um.
Vertikale Bepflanzung stärkt Artenvielfalt
Auf einer Fläche von 80 Quadratmetern ist die wandgebundene Fassadenbegrünung am Parkhaus angebracht. Im Gegensatz zu einer bodengebundenen Fassadenbegrünung, bei der Kletterpflanzen am Fuß der Wand eingesetzt werden und die Pflanzen Zeit zum Hochwachsen brauchen, werden beim „Living Wall“-System vorgezogene Stauden in Paneelen an der Unterkonstruktion befestigt. Das Fassaden-Modul ist hinterlüftet und mit einer sensorgesteuerten Technik zur Bewässerung der Pflanzen ausgestattet. In der Fassade finden sich Pflanzen wie die Herzblättrige Bergenie, Efeu oder Dickmännchen, eine Pflanzenart aus der Familie der Buchsbaumgewächse. Nun kann die Begrünung direkt ihre positive Wirkung entfalten – auch für die Biodiversität an dieser Stelle. Denn Insekten finden an der Wand nun Nahrung.
Die Zukunftsinitiative Klima.Werk
In der Zukunftsinitiative Klima.Werk arbeiten Emschergenossenschaft und Emscher-Kommunen zusammen an einer wasserbewussten Stadt- und Regionalentwicklung, um die Folgen des Klimawandels abzumildern und die Lebensqualität in den Quartieren zu steigern. Der grün-blaue Umbau startete 2005 mit der Zukunftsvereinbarung Regenwasser (ZVR) und entwickelte sich 2014 zur Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ weiter, jetzt Klima.Werk.
Unter dem Dach des Klima.Werks wird das Ruhrkonferenz-Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt, an dem sich seit 2020 alle Wasserverbände der Region beteiligen. Die Förderkulisse des Projekts umfasst das Gebiet des Regionalverbandes Ruhr (53 Städte und Gemeinden). In den klimafesten Wandel sollen bis 2030 rund 250 Millionen Euro investiert und in ausgewiesenen Gebieten 25 Prozent der befestigten Flächen abgekoppelt und die Verdunstungsrate um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Die Serviceorganisation der Zukunftsinitiative bei der Emschergenossenschaft setzt mit den Städten die Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung um. Weitere Informationen (auch zu Förderung von Projekten) auf www.klima-werk.de
Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz.
Text: Emschergenossenschaft/Lippeverband