Die öffentliche Hand in Deutschland hat derzeit ein Problem. Die Investitionen in städtische Gebäude und Immobilien für Sanierung und Neubau treffen auf eine Marktsituation, in der sich vielfach keine Firmen zur Ausführung finden oder in der bei den Preisen für Bauleistungen ein kräftiger Preisanstieg verzeichnet werden muss. Betroffen davon ist auch das Vorhaben zur Erweiterung des Museumszentrums Quadrat.
Ursprünglich sollte die Investition, die mit 9,6 Mio. Euro veranschlagt war, komplett ohne städtische Mittel auskommen. So sah es der Baubeschluss vom 26. Juni 2018 vor, den der Haupt- Finanz- und Beschwerdeausschuss gefasst hatte. Im Zuge der Ausschreibungen zum ersten Paket, stellte sich aber heraus, dass für einen Teil der Leistungen gar keine Angebote abgegeben wurden und für andere Leistungen Preise gefordert wurden, die weit über den bisherigen Kalkulationen lagen. Die Stadt Bottrop gerät damit mitten in das Fahrwasser einer überhitzten Baukonjunktur.
„Ich habe noch nie eine derart breit aufgestellte Hochkonjunktur in unserer Branche erlebt“, sagte beispielsweise unlängst Heiko Stiepelmann, Vizechef des Hauptverbands der Bauindustrie in der Onlineausgabe der ‚Welt‘, der die Branche seit mehr als 40 Jahren begleitet. Im März 2019 stellte das Statistische Bundesamt die höchsten jemals gemessenen Werte an Gesamtvolumen und Zuwächsen in der Bauindustrie fest. Die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten lagen in diesem Monat nominal mit rund 8,2 Milliarden Euro um 16,7 Prozent höher als im März 2018, schreibt das Onlineportal ‚Finanzmarktwelt‘.
Die Ausschreibung des ‚Vergabepakets 1A‘ zur Museumserweiterung erfolgte im Sommer dieses Jahres und konnte auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden, da die Förderzusagen erst im Juni 2019 vollständig vorlagen. Die Angebote der Firmen im Zuge der Submission des Ausschreibungsverfahrens trafen Anfang Juli 2019 ein. Das Ergebnis ist, dass für wichtige Arbeiten etwa am Dach oder an Anlagen erst gar keine Angebote abgegeben wurden und dass die Gewerke, für die nun Angebote vorliegen, eklatant über den veranschlagten Kosten liegen.
Die reale Kostensteigerung des Gesamtprojekts liegt derzeit zwar noch unter 1 Mio. Euro, rechnet man aber die Kostengrößen aufgrund der Angebote auf das Gesamtprojekt hoch und rechnet zusätzlich eine Sicherheit von 10 Prozent ein, müssten mit einem Plus von circa 3,3 Mio. Euro ausgegangen werden. Diese Mehrkosten wären dann nicht mehr durch Schenkungen und Fördergelder abgedeckt, so dass diese Summe aus dem städtischen Investitionshaushalt gedeckt werden müsste.
Die Verwaltung geht daher mit dem Projekt erneut in die politische Diskussion und schlägt vor, einen neuen Baubeschluss mit modifizierten Finanzierungsregelungen herbei zu führen, weil sie dies unter den gegenwärtigen Bedingungen für die beste Lösung hält. Der Beschluss würde dann vorsehen, das Projekt mit städtischen Mitteln, die die Finanzierungslücke schließen würden, fortzuführen. Alle anderen Optionen wären aus Sicht der Verwaltung von wesentlichen Nachteilen für die Stadt und diese würden ebenfalls Kosten zu Lasten des städtischen Haushalts bedeuten. Ein Stopp des Projektes etwa hieß, alle Baumaßnahmen rund um das Museum, wie die Verlegung des Teiches, die Wiederherstellung des Parkgeländes und alle bisherigen Planungsleistungen vom städtischen Haushalt zu bezahlen. Auch hier wäre von rund 3 Mio. Euro auszugehen.
Die Förderzusagen von privaten und staatlichen Stellen in Höhe von 9,6 Mio. Euro stehen. Hierin enthalten ist ein Förderbescheid des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von 1,75 Millionen Euro, den Regierungspräsidentin Dorothee Feller erst am 31. Mai 2019 an die Stadt Bottrop übergeben hatte (siehe Verweis unten auf dieser Seite). Diese Gelder würde nach Bottrop fließen, aber nur, wenn das Projekt auch tatsächlich realisiert wird. Sie sind zudem an einen Zeitkorridor gebunden. Damit ist es auch nicht möglich, das Bauvorhaben auf spätere Jahre zu schieben und zu warten, bis sich die Verhältnisse auf dem Bausektor wieder normalisiert haben.
Bei der Bewertung des weiteren Vorgehens muss auch der Stellenwert des Projekts berücksichtigt werden. „Wir werben auch deswegen für die Fortsetzung, weil wir der Überzeugung sind, dass die Erweiterung des Museumszentrums eine große Bedeutung für die Stadt und für die Region hat“, sagt Stadtkämmerer Willi Loeven. Nirgendwo anders im Ruhrgebiet werde derzeit ein solches Vorhaben realisiert mit einem solchen Förderzuschuss.
Für Museumsdirektor Dr. Heinz Liesbrock ist das Quadrat mit seinem Josef-Albers-Museum eine große Erfolgsgeschichte für die Stadt. „Nur, weil das Museum eine solche Bedeutung hat, waren auch private Geldgeber bereit, eine Erweiterung des Museumskomplexes zu fördern.“
Um auf der Kostenseite ein optimales Ergebnis zu erzielen, will die Verwaltung einige der noch nicht vergebenen Gewerke in modifizierter Form neu ausschreiben und die Arbeiten mehr segmentieren. Auf diese Weise sollen mehr Anbieter interessiert und so eine bessere Marktsituation erreicht werden. Weiterhin sollen noch einmal mit den privaten Geldgebern Gespräche geführt werden. Eine Entscheidung wird der Hauptausschuss am 17. September fällen.